Samstag, 18. Dezember 2010

El Bolson - wo Zeit keine Rolle spielt...

Als erstes richtiges Ziel auf meiner Reise habe ich El Bolson, zwei Stunden suedlich von Bariloche, im Seengebiet, angesteuert. Das bedeutete ganze 27 Stunden (beinahe durchgehend) in Bussen... Um 6 Uhr in der Frueh hatten wir kurz nach Bahia Blanca eine Kontrolle der Gendarmeria Nacional. Dabei wurden zwei Hunde in den Bus gelassen, Leute willkuerlich kontrolliert und deren Taschen durchsucht. Ein paar Leute mussten aussteigen, ihr gesamtes Gepaeck aus dem Bus nehmen und versteckt in einem Kammerl alles herausholen und vorzeigen. Wie entschieden wurde, wer kontrolliert wurde, weiss ich nicht. Von mir wollte niemand was wissen oder sehen - auch gut. Offensichtlich sehe ich nicht so aus, als wuerde ich unerlaubte Substanzen transportieren (danach wurde naemlich gesucht). Jedenfalls hat dieses Prozedere ganze 2 Stunden gedauert... Ein paar Stunden vor Ankunft in Bariloche ist dann irgendwas am Bus kaputtgegangen und wir mussten den Bus wechseln. Das war nicht wirklich ein Problem, denn der Ersatzbus hatte groessere Sitze und mehr Beinfreiheit und so bekam ich quasi ein kostenloses Upgrade! Man muss einfach immer versuchen, das Positive in jeder Situation zu sehen ;-). Geduld lernt man auf Reisen ja generell, vielleicht sogar noch ein bisschen mehr in Sued-Amerika.

El Bolson habe ich deswegen angesteuert, weil man dort unglaublich gut wandern kann, der Ort wenig touristisch ist und dort alles sehr relaxt zugehen soll. Der Reisefuehrer hatte eindeutig recht! Ich bin in den 3 Tagen sehr viel gewandert, war bei einem wunderschoenen aber eiskaltem See (Lago Puelo), bin mit einem Boot bis fast zur chilenischen Grenze gefahren, war bei einem Wasserfall, hatte traumhafte Ausblicke von verschiedenen Huegeln und Bergen, habe sehr reissende Fluesse ueber ausserst fragwuerdige Bruecken ueberquert (jede 5. Sprosse durchgebrochen, immer nur eine Person, die maximal 150 kg hat - soooo close!!! :-)), war auf dem 3-mal woechentlich stattfindendem Kunsthandwerksmarkt auf dem Hauptplatz, habe die Sonne in den Bergen untergehen sehen, bin auf einer anstrengenden 9-stuendigen Wanderung durch die Berge nur vielleicht 10 Menschen begegnet, habe nette Leute kennengelernt, im Hostel selbstgemachte empanadas (gefuellte Teigtaschen) gegessen und noch viel mehr... Recht viele schoene Momente also - aber auch sehr viel Kaelte. Den letzten Tag bin ich mit Fleece-Pulli, Regenjacke und Schal durch die Berge marschiert. Nach 5 Minuten der Rast war mir dann immer schon so kalt, dass ich schnell weiterlaufen musste... Heute habe ich zusaetzlich auch noch meine Haube aufgesetzt... Sachen gibts :-)

El Bolson ist eine richtige Hippie-Stadt beschrieben in der die Zeit langsamer vergeht. Was fuer eine willkommene Abwechslung nach dem Grossstadtgetuemmel! Um die Lebenseinstellung ein bisschen genauer zu verstehen: Ich habe am Markt mit einer Frau gesprochen, von der ich eine kleine Ledertasche gekauft habe. Da fragte ich sie, ob sie etwa hier auch ein Geschaeft hat wo sie ihre Sachen verkauft. Sie verneinte und meinte sie verkauft immer nur am Markt hier (der 3 Mal wochentlich jeweils von 11 bis 16 Uhr stattfindet). Ich sagte "oh, was fuer ein schoenes Hobby also" und sie so "naja, das ist meine Arbeit". Ich dachte nur: Was fuer ein Leben! Handarbeiten wenn es einen freut, ein paar Sachen basteln und dann 3 Mal die Woche fuer einen halben Tag auf dem Markt sein... Es gibt wahrlich schlimmere Sachen, denn auf dem Markt wird viel gesungen, Gitarre gespielt, Armbaender geknuepft, Mate getrunken, gestrickt, viele Hippies laufen herum... witzig das alles mitanzusehen.

Ich waere irgendwie noch gerne laenger geblieben, aber ich moechte ja noch mehr Orte entdecken, also bin ich heute wieder weitergezogen, naemlich nach
San Martin de los Andes (nur 6,5 Stunden noerdlich).

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